Kultureller Austausch mit China
Kaum ein anderes Land ruft heute eine ähnliche Mischung aus Unbehagen und Faszination hervor. China, eine „ganz andere Welt“, deren kultureller Reichtum und aufstrebende Dynamik kontrastieren mit einem europäischen Grundgefühl von Stagnation und Verlustangst.
Noch scheint dieser nah gerückte Ferne Osten fremd: Seine Werte, die sich oft nicht mit den unseren decken; die Schrift, die uns zu Analphabeten macht; das „Regime“ mit dem schalen Beigeschmack. Durch den raschen wirtschaftlichen Aufstieg Chinas sind wir gezwungen, uns mit alldem zu befassen - und finden uns unvorbereitet. Austausch mit China ist also dringend notwendig.
Viele Fragen erschliessen sich erst durch einen langwierigen Prozess des Verstehenlernens, der auch Fehltritte und Missverständnisse beinhalten kann. Hier wird die Wichtigkeit einer Mittelsperson deutlich, die zwischen den kulturell unterschiedlichen Erfahrungsfeldern und Sichtweisen steht, und beide sowohl von innen als auch von aussen zu sehen und zu erklären vermag. Im Idealfall ist dies die dolmetschende Person, die an Ort und Stelle sowohl auf konkrete Fragen als auch auf Unausgesprochenes eingehen kann.
Mit der Qualität der vermittelnden und/oder dolmetschenden Person steht und fällt der Sinn jedes Austauschprojektes. Nicht selten wird viel Geld in Flüge, Unterkunft und Reisen gesteckt, worauf beim eigentlichen Ereignis des Austausches, etwa in Form eines Vortrags, viel des geistig Mitgebrachten in den Händen eines inkompetenten Übersetzers zerbröselt. Ausserdem können folgende Faktoren zur Optimierung des Austausches mit China beitragen:
- Strukturelles Gleichgewicht beachten, damit im Austausch beide Seiten gleiches Mitspracherecht behalten.
- Zeit für menschliche Kontakte einplanen. Verträge oder Projektideen in Zusammenarbeit mit China funktionieren nur auf der Basis gut gepflegter Beziehungen.
- Mehr bewusstes Nichtverstehen: die Bereitschaft zuzuhören, Sichtweisen nachzuvollziehen, Ursachen neu zu erfahren, auch wenn sie vorerst nicht ins eigene Konzept passen.
- Inhaltliche Vorbereitung auf Grundzüge der Geschichte und Kultur Chinas, dies nicht zuletzt um unseren Partnern die Mühe zu ersparen, China stets von Grund auf neu erklären zu müssen.
Alles in Allem stehen wir vor einer Vielfalt an Problemen, die eine enorm produktive Kraft entwickeln können. Endlich werden wir zum Überdenken und Hinterfragen unseres Selbstverständnisses gezwungen. Die heutige Situation vermehrter interkultureller Austauschmöglichkeiten mit China eröffnet uns selbst nie gesehene Chancen.